Lexikon Frauenratgeber: Bewerbung

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Bewerbung

Seit 1967 gibt es in den USA ein Gesetz zum Schutz vor Altersdiskriminierung. Danach dürfen weder im Lebenslauf noch in einem Bewerbungsgespräch Altersangaben gemacht werden. Selbst ein Foto liegt der Bewerbung nicht bei, weil es das Gesetz so will und sich diese Antidiskriminierungsvorschriften in der Bevölkerung gut eingeprägt haben (Interview in der „Süddeutschen Zeitung" v. 17./18. Juli 2004 mit Hanne Schweitzer, der Vorsitzenden des Vereins gegen Altersdiskriminierung, Köln). Nun muss wirklich nicht alles übernommen werden, was aus Amerika kommt, aber in Bezug auf die Chancengleichheit würde ein solches Gesetz auch hierzulande Sinn machen. Vor allem, wenn eine Bewerbung nur mit dem Nachnamen versehen ist, läge der Überraschungseffekt mit Sicherheit auf Seiten der Bewerberin.

In einer Broschüre des dbb über „Personalentwicklung in der öffentlichen Verwaltung" wird übrigens darauf hingewiesen, dass „Lichtbilder (bei einer Bewerbung) eigentlich nicht notwendig (sind), ... sie erzeugen eher Analogschlüsse und Vorurteile, die eine objektive Beurteilung ... beeinträchtigen können". Bewerbungsschreiben, heißt es darin auch, „sollen kurz, prägnant und auf die wesentlichen Punkte beschränkt sein, aber auch Aufschluss über die Gründe geben, die ... zu der Bewerbung veranlasst haben". Anhand eines Lebenslaufes wird die „Kontinuität und Zielausrichtung", „Beharrlichkeit und Ausdauer" sowie die „fachliche Qualifikation" einer Bewerberin beurteilt. Schulzeugnissen wird eher für die Negativauswahl Bedeutung beigemessen bzw. werden sie als relativ unwichtig benannt, je länger Schulzeit oder Examen zurückliegen. Arbeitszeugnisse sind vor allem hinsichtlich einer Beurteilung über „Dauer und Inhalt der Tätigkeit" von Interesse für einen potentiellen Arbeitgeber.

Wissen ist Macht. Dieser Satz gilt nicht nur für Arbeitgeber, sondern auch für Arbeitnehmerinnen. Von einem klaren - Anforderungsprofil, das im Rahmen eines – Personalentwicklungskonzepts erstellt werden sollte, können Frauen bei der Vorbereitung ihrer Bewerbung profitieren und sich genau informieren:
- Um welche Stelle handelt es sich?
- Welche Zielsetzung hat die Stelle?
- Welche Qualifikationen und Erfahrungen sind notwendig?
- Wer ist die Vorgesetzte, der Vorgesetzte?
- Welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unterstellt?
- Wer ist Vertreterin oder Vertreter für diese Stelle?
- Wieviele MitarbeiterInnen arbeiten in der Abteilung/dem Team?
- Welche Befugnisse und Vollmachten bestehen für die Stelle?
- Welche Tätigkeiten werden im einzelnen an dem Arbeitsplatz ausgeübt?
- Welche Kontakte mit welchen Stellen sind notwendig?
- Von wem werden die Aufgaben gestellt und wie erfolgt die Beaufsichtigung?
- Wie wird das Arbeitsergebnis überprüft?
- Welche Formen der Zusammenarbeit sind erwünscht?
- Wird teamorientiert gearbeitet?

Die schriftliche Bewerbung ist die Visitenkarte. Stellen Sie Ihre Fähigkeiten dar – Sie wissen doch, was Sie wollen. Ihre Qualifikation passt auf die ausgeschriebene Position, ohne Über- aber auch ohne Untertreibung: Sie haben Organisationstalent, können selbstständig arbeiten und sind kommunikationsfähig, Sie sind teamfähig, z. B. durch Erfahrungen mit einer Projektarbeit. Auch die Teilnahme an Fortbildungen, zu dem Frauenseminare oder Workshops gehören können, ist in einer Bewerbung erwähnenswert.

Anonymisierte Bewerbungsverfahren

Die - Antidiskriminierungsstelle (ADS) hatte zwischen November 2010 und Dezember 2011 ein bundesweites Pilotprojekt angeschoben und nun eine durchaus positive Bilanz gezogen. Fünf Unternehmen und drei öffentliche Arbeitgeber (darunter die Deutsche Post DHL, Deutsche Telekom, das Bundesfamilienministerium, die Bundesagentur für Arbeit in NRW und die Stadtverwaltung Celle) hatten sich auf ein „anonymisiertes Bewerbungsverfahren" eingelassen. Fazit: 246 Stellen wurden besetzt, mehr als 8.550 Bewerbungen gab es. Für die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders, ein Zeichen der Chancengleichheit: „Alle Bewerbenden hatten innerhalb des Verfahrens die gleiche Chance auf eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch – unabhängig davon, ob sie potentiell von Diskriminierung betroffen sind oder nicht." Entscheidend gewesen sei die Qualifikation, nicht Aussehen, Geschlecht oder Herkunft der Bewerberinnen.

Lüders sieht darüber hinaus Anzeichen dafür, dass insbesondere Frauen von anonymisierten Bewerbungsverfahren profitieren: beispielsweise jüngere Frauen mit Berufserfahrung, die aber wegen eines möglichen Kinderwunsches eher seltener eingestellt wurden, oder aber Bewerbende mit Migrationshintergrund: ihre Chancen auf eine Einladung zum Bewerbungsgespräch hatten sich gegenüber klassischen Bewerbungsverfahren wesentlich verbessert.

Das Pilotprojekt wurde auch von vielen Personalverantwortlichen positiv bewertet. Sie vermissten persönliche Angaben wie Name, Geschlecht, Alter und Familienstand nicht, sagte Lüders. Viele Beteiligte hätten erklärt, dass die Einführung anonymisierter Bewerbungsverfahren sogar eine Diskussion der bisherigen Rekrutierungspraxis angeregt habe. Die an diesem Projekt Beteiligten wollen laut ADS auch in Zukunft mit Teil- oder Voll-Anonymisierungen arbeiten. Zudem planen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz weitere Pilotprojekte. Lüders: „Anonymisierung wirkt. Sie stellt Chancengleichheit her und macht Bewerbungsverfahren fairer." Einige Unternehmen und Personalverantwortliche beginnen jetzt, so ein letztes Fazit, ihren bisherigen, traditionellen Ansatz zu überdenken. Das sei gut für die Bewerbungskultur in Deutschland.


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