Niedersachsen: Schwerbehindertenrichtlinien (SchwbRL) 3. Personalmanagement

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Richtlinien zur gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen am Berufsleben im öffentlichen Dienst (Schwerbehindertenrichtlinien – SchwbRl)

 

3. Personalmanagement

3.1 Besetzung freier Arbeitsplätze

Bei allen internen und externen Stellenausschreibungen einschließlich Interessenbekundungsverfahren ist darauf hinzuweisen, dass schwerbehinderte Menschen bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt berücksichtigt werden, soweit nicht in der Person der anderen Bewerberinnen oder Bewerber liegende Gründe von größerem rechtlichen Gewicht entgegenstehen. In den Ausschreibungstexten werden die Bewerberinnen und Bewerber um einen Hinweis auf ihre mögliche Schwerbehinderung oder Gleichstellung gebeten.

Die Dienststelle hat zunächst zu prüfen, ob freiwerdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze mit vorhandenem Personal des Dienstherrn oder Arbeitgebers besetzt werden können. Nach einer erfolglosen Prüfung zur internen Besetzung meldet die Dienststelle derartige Stellen frühzeitig der Agentur für Arbeit (§ 165 S. 1 SGB IX i. V. m. § 156 SGB IX).

Bei Neueinstellungen auf Arbeitsplätzen, die auch von schwerbehinderten Menschen besetzt werden können, hat die Dienststelle je nach Ausgestaltung des Arbeitsplatzes entweder bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (bei akademischen Berufen) oder bei den örtlich zuständigen Integrationsfachdiensten anzufragen.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass alle Arbeitsplätze in der Landesverwaltung zur Besetzung mit schwerbehinderten Menschen geeignet sind, soweit nicht in einzelnen Tätigkeitsbereichen besondere gesundheitliche Anforderungen an die Beschäftigten gestellt werden müssen. Die Schwerbehindertenvertretung ist im Rahmen dieser Prüfung unter unverzüglicher und umfassender Unterrichtung zu hören; die getroffene Entscheidung ist ihr unverzüglich mitzuteilen. Der Personalrat, Staatsanwaltsrat oder die Richtervertretung ist
ebenfalls anzuhören. Trifft die Dienststelle eine Entscheidung gegen das Votum der Schwerbehindertenvertretung oder des Personalrates, Staatsanwaltsrates oder der Richtervertretung, so sind alle Beteiligten von der Dienststelle über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten (§ 164 Abs. 1 SGB IX).

3.2 Besetzung von Ausbildungsplätzen

Für junge schwerbehinderte Menschen ist es von großer Bedeutung, den Berufseinstieg in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden. Ausbildungsverhältnisse sind im Rahmen der geltenden Vorschriften so zu gestalten, dass schwerbehinderte Auszubildende die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten erwerben können, ohne dass sie infolge ihrer Schwerbehinderung unzumutbar belastet werden (s. auch Nr. 1.3).

Nach einer Ausbildung soll die Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis angestrebt werden. Auf die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) und die Ausbildungstarifverträge der Länder wird hingewiesen.

3.3 Einstellung nach Umschulungsmaßnahmen

Im Rahmen der Besetzung freier Arbeitsplätze wird den Dienststellen empfohlen, über die Information von Berufsförderungswerken (in Niedersachsen: INN-tegrativ gGmbH (BfW)) geeignete schwerbehinderte Menschen vermittelt zu bekommen, die dort im nichttechnischen Verwaltungsbereich sowie in einer Vielzahl anderer Berufe im Wege der Umschulung ausgebildet werden.

3.4 Budget für Arbeit, Budget für Ausbildung

Das Budget für Arbeit nach § 61 SGB IX und das Budget für Ausbildung nach § 61a SGB IX können für die Einstellung von Menschen mit Behinderungen genutzt werden, die Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (Budget für Arbeit und Budget für Ausbildung) oder auf Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (Budget für Ausbildung)
haben. Bei diesem Personenkreis kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass es sich um schwerbehinderte Menschen handelt. Weitere Informationen gibt es auf den Internetseiten des Nds. Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung unter der Rubrik „Inklusion von Menschen mit Behinderungen/Budget für Arbeit“ sowie der Agentur für Arbeit unter dem Stichwort „Ausbildungsgeld“.

3.5 Eignung, Befähigung, fachliche Leistung

Eine im Vergleich zu anderen Bewerberinnen und Bewerbern geringere Eignung, die auf die Schwerbehinderung zurückzuführen ist, darf nicht zum Nachteil gewertet werden, es sei denn, dass gerade die fehlenden Eigenschaften oder Fähigkeiten für die Erfüllung der Aufgaben unverzichtbar sind und nicht durch technische Arbeitshilfen oder andere Maßnahmen ausgeglichen werden können. Kommt hiernach ein schwerbehinderter Mensch in die nähere Auswahl, so ist er gegenüber den Menschen ohne Behinderungen, bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu bevorzugen, wenn die übrigen beamtenoder tarifrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind und soweit nicht in der Person der anderen Bewerberinnen oder Bewerber liegende Gründe von größerem rechtlichen Gewicht
entgegenstehen.

Die Eignung von schwerbehinderten Menschen wird im Allgemeinen auch dann noch als gegeben angesehen werden können, wenn sie nur für die Wahrnehmung bestimmter Dienstposten der betreffenden Laufbahn geeignet sind. Unter Beachtung dieses Grundsatzes kann die gesundheitliche Eignung angenommen werden, wenn mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit vor Ablauf der Probezeit voraussichtlich keine dauernde Dienstunfähigkeit eintreten wird. Soll die schwerbehinderte Bewerberin oder der schwerbehinderte Bewerber sogleich in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit eingestellt werden, reicht es aus, dass im Zeitpunkt der Ernennung keine Dienstunfähigkeit vorliegt. Für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst bei Vorliegen eines Ausbildungsmonopols des Staates reicht es aus, wenn im Zeitpunkt der Einstellung zu erwarten ist, dass die Bewerberinnen oder Bewerber gesundheitlich in der Lage sein werden, die Ausbildung abzuleisten. Dies gilt nicht, wenn das Beamtenverhältnis von Beamtinnen und Beamten auf Widerruf nicht durch Bestehen der den Vorbereitungsdienst abschließenden Prüfung kraft Gesetzes endet.

3.6 Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung

Die Schwerbehindertenvertretung hat gemäß § 178 Abs. 2 Satz 4 SGB IX das Recht auf Beteiligung am Verfahren nach § 164 Abs. 1 SGB IX und beim Vorliegen von Vermittlungsvorschlägen der Agentur für Arbeit oder von Bewerbungen schwerbehinderter Menschen auf Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile aller Bewerbungsunterlagen und das Recht auf Teilnahme an allen Vorstellungsgesprächen. Damit die Schwerbehindertenvertretung im Rahmen ihrer Beteiligung eine begründete Stellungnahme abgeben kann, erhält sie die Möglichkeit, die Eignung der schwerbehinderten mit denen der nicht behinderten Bewerberinnen und Bewerber zu vergleichen.

Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber haben die Möglichkeit, im zeitlichen Zusammenhang mit dem Vorstellungsgespräch ein Gespräch mit der Schwerbehindertenvertretung zu führen. Alle Bewerberinnen und Bewerber sind hierauf in der Eingangsbestätigung unter Angabe der Kontaktdaten der Schwerbehindertenvertretung hinzuweisen. Sofern keine Eingangsbestätigung versandt wird, erfolgt der Hinweis
spätestens in der Einladung zum Vorstellungsgespräch.

Die Schwerbehindertenvertretung ist nicht zu beteiligen, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung ausdrücklich ablehnt (§ 164 Abs. 1 Satz 10 SGB IX).

3.7 Einstellungs- und Auswahlverfahren

3.7.1 Schwerbehinderte Menschen, die sich auf einen Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst beworben haben oder von der Agentur für Arbeit oder einem Integrationsfachdienst vorgeschlagen wurden, sind zu einem Vorstellungstermin einzuladen (§ 165 Satz 3 SGB IX).

Bei der Einladung ist ein gegebenenfalls erforderlicher Unterstützungsbedarf abzufragen, damit individuell notwendige Unterstützung gegeben werden kann (z. B. Nutzung eines barrierefreien Raumes, Einsatz von Kommunikationshilfen).

Die Einladung ist nur dann entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt (§ 165 Satz 4 SGB IX). Ein offensichtliches Fehlen der fachlichen Eignung liegt beispielsweise vor bei Nichterfüllen der für den Arbeitsplatz erforderlichen Ausbildungs- und Prüfungsvoraussetzungen, oder bei Fehlen zwingend geforderter Fremdsprachenkenntnisse.

Im Interesse der schwerbehinderten Menschen und der dem Arbeitgeber obliegenden Verpflichtungen nach dem SGB IX sollten Bewerberinnen und Bewerber ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht werden (z. B. in der Eingangsbestätigung), dass schwerbehinderte Menschen bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt eingestellt werden, soweit nicht in der Person der anderen Bewerberinnen oder Bewerber liegende Gründe von größerem rechtlichen Gewicht entgegenstehen.

Den schwerbehinderten Menschen ist zu empfehlen, zur Wahrung ihrer Interessen eine Schwerbehinderung oder Gleichstellung anzuzeigen und/oder ein Gespräch mit der Schwerbehindertenvertretung zu führen. Als Nachweis gilt der Schwerbehindertenausweis oder der Gleichstellungsbescheid.

3.7.2 Ist eine Einstellung beabsichtigt, so ist die Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung dem Personalrat, dem Staatsanwaltsrat oder der Richtervertretung mitzuteilen. Ist eine Einstellung nicht beabsichtigt, hält aber die
Schwerbehindertenvertretung die Einstellung für möglich und geboten, so ist der Personalrat, der Staatsanwaltsrat oder die Richtervertretung unter Beifügung der Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung zu unterrichten; die für die Nichtberücksichtigung der schwerbehinderten Bewerberin oder des schwerbehinderten Bewerbers maßgeblichen Gründe sind dem Personalrat, dem Staatsanwaltsrat oder der Richtervertretung mitzuteilen.

Dies gilt nicht, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt (§ 164 Abs. 1 Satz 10 SGB IX).

3.7.3 Sind in einem Auswahlverfahren Eignungstests, Assessment-Center oder vergleichbare Auswahlinstrumente vorgesehen, so sind schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern entsprechend der Art und dem Umfang der Behinderung Nachteilsausgleiche (s. Nr. 4) einzuräumen. Die Nachteilsausgleiche sind unter der Beteiligung der
Schwerbehindertenvertretung festzulegen, wenn der schwerbehinderte Mensch deren Beteiligung nicht ausdrücklich abgelehnt hat.

3.7.4 Der Einstellung schwerbehinderter Menschen soll bei Bedarf eine nachgehende und berufsbegleitende Hilfe am Arbeitsplatz folgen. Neu eingestellte schwerbehinderte Menschen sowie schwerbehinderte Beschäftigte, die ein neues Arbeitsgebiet übernehmen, sind am Arbeitsplatz sorgfältig zu unterweisen. In Ausnahmefällen können mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde besondere nach Art und Umfang dem Leistungsvermögen angepasste Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen geschaffen werden.


 

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Red 20231106

 

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