Niedersachsen: Schwerbehindertenrichtlinien (SchwbRL) 4. Nachteilsausgleich bei Prüfungen

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Richtlinien zur gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen am Berufsleben im öffentlichen Dienst (Schwerbehindertenrichtlinien – SchwbRl)

 

4. Nachteilsausgleich bei Prüfungen

4.1 Bei Prüfungen und vergleichbaren Leistungsnachweisen (im Folgenden: Prüfungen) können sich für schwerbehinderte Menschen im Wettbewerb mit anderen Beschäftigten besondere Härten ergeben. Zum Ausgleich solcher Härten ist im Rahmen des jeweils geltenden Rechts ein der Behinderung angemessener Nachteilsausgleich zu gewähren.

Schwerbehinderte Menschen müssen rechtzeitig darauf hingewiesen werden, dass ihnen auf Antrag entsprechend der Art und dem Umfang ihrer Behinderung Nachteilsausgleiche eingeräumt und Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden können.

4.2 Der für die Prüfung zuständigen Stelle ist vor Beginn der Prüfungen die Schwerbehinderteneigenschaft der oder des zu Prüfenden und deren oder dessen Art der Behinderung bekannt zu geben, es sei denn, dass sie oder er dies ausdrücklich ablehnt.

Ob und welche Nachteilsausgleiche oder Hilfsmittel im Einzelfall erforderlich und angemessen sind, ist im Vorfeld der Prüfung mit der oder dem schwerbehinderten zu Prüfenden zu erörtern. Art und Umfang des Nachteilsausgleichs sind festzulegen.

Die für die oder den zu Prüfenden zuständige Schwerbehindertenvertretung ist rechtzeitig zu unterrichten und anzuhören, es sei denn, dass die oder der zu Prüfende dies ausdrücklich ablehnt.

Während mündlicher und praktischer Prüfungen hat die Schwerbehindertenvertretung das Recht, anwesend zu sein, sofern die oder der schwerbehinderte zu Prüfende dies nicht ausdrücklich ablehnt.

4.3 Soweit nicht Rechtsvorschriften dem entgegenstehen, kommen als Nachteilsausgleich insbesondere in Betracht:

– Verlängerung der Frist zur Abgabe schriftlicher Arbeiten,
– Ersatz einzelner schriftlicher Arbeiten oder praktischer Prüfungsteile, die wegen der Art der Behinderung nicht geleistet werden können, durch andere geeignete Prüfungsleistungen,
– individuelle zeitliche Gestaltung der Prüfungsdauer,
– Erholungspausen,
– Einzelprüfung,
– Bereitstellung von behinderungsspezifischen Hilfen.

4.3.1 In einer mündlichen Prüfung soll bei Menschen mit einer Sehbehinderung oder mit einer Schädel-Hirnverletzung sowie bei schwerbehinderten Menschen mit erheblicher psychischer Beeinträchtigung auf das Abfragen gedächtnismäßigen Wissens verzichtet werden, soweit es mit dem Zweck der Prüfung vereinbar ist. Es genügt, wenn Aufgaben gestellt werden, deren Lösung erkennen lässt, dass sie die erforderlichen Kenntnisse und die Urteilsfähigkeit besitzen, die sie zu richtigen Entscheidungen befähigen.

4.3.2 Menschen mit einer Hörbehinderung, die taub oder nahezu taub sind, sind in einer mündlichen Prüfung die Prüfungsfragen schriftlich vorzulegen. Bei Menschen mit einer Sprachbehinderung ist eine schriftliche Beantwortung der mündlichen Fragen zuzulassen; auf Antrag ist eine Gebärdensprachdolmetscherin oder ein Gebärdensprachdolmetscher zur Verfügung zu stellen.

4.3.3 Sind schwerbehinderte Menschen schriftlich zu prüfen, die in der Schreib- oder Lesefähigkeit beeinträchtigt sind, ist ihnen eine im Prüfungsfach nicht vorgebildete Schreibkraft zuzuteilen oder ein geeigneter PC zur Verfügung zu stellen, sofern der schwerbehinderte Mensch nicht ausdrücklich widerspricht.

4.3.4 Bei der Gestaltung einer praktischen Prüfung oder einer Sportprüfung ist die Behinderung angemessen zu berücksichtigen. In geeigneten Fällen soll die Teilnahme freigestellt werden. Der Besitz des Deutschen Sportabzeichens für Menschen mit Behinderungen ist für die Note im Sport zu bewerten.

4.4 Der Nachteilsausgleich für schwerbehinderte Menschen ist so zu gestalten, dass die übrigen Prüfungsteilnehmerinnen und Prüfungsteilnehmer nicht gestört werden.

4.5 Bei Prüfungen, die dem Betriebsschutz dienen, darf ein Nachteilsausgleich nicht gewährt werden.

4.6 Bei der Beurteilung der schriftlichen und mündlichen Prüfungsleistungen sowie bei der Bildung des Gesamturteils ist auf die physischen und psychischen Auswirkungen, die Folge der Behinderung sind, Rücksicht zu nehmen. Die fachlichen Anforderungen dürfen jedoch nicht geringer bemessen werden.

Nachteilsausgleiche in Prüfungen sind bewertungsneutral. In Zeugnisse dürfen Hinweise auf Nachteilsausgleiche bei Prüfungen nicht aufgenommen werden.

4.7 Soweit die Möglichkeiten, eine nicht bestandene Prüfung zu wiederholen, nicht durch Rechtsvorschriften (insbesondere beamtenrechtliche Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen und Prüfungsordnungen nach dem BBiG) geregelt sind, dürfen schwerbehinderte Menschen einmal mehr wiederholen als sonstige zu Prüfende. Für diese zu Prüfenden kann eine Wiederholungsprüfung auf die Einzelleistungen beschränkt werden, die mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“ bewertet worden sind.

 


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Red 20231106

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